Information zur Rechtsprechungsänderung bezüglich Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG bei einer vorgesehenen Kündigung.
Nach § 102 Abs. 2 BetrVG steht dem Betriebsrat im Falle einer außerordentlichen Kündigung eine dreitägige Frist zur Stellungnahme und im Falle einer ordentlichen Kündigung eine einwöchige Frist zur Stellungnahme zu. Gibt der Betriebsrat keine Stellungnahme ab, so hat der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung den Ablauf dieser Fristen abzuwarten, ansonsten ist die vor Ablauf dieser Fristen ausgesprochene Kündigung unwirksam. Nach der bisherigen Rechtsprechung konnte davon ausgegangen werden, dass der Ablauf der Stellungnahmefrist des Betriebsrats nicht abzuwarten ist, wenn der Betriebsrat eine Stellungnahme abgibt. Damit war bislang das Anhörungsverfahren beendet, sodass im Anschluss an die Stellungnahme des Betriebsrats die vorgesehene Kündigung ausgesprochen werden konnte. Mit seinem Urteil vom 25.05.2016 (Az. 2 AZR 345/15) hat das Bundesarbeitsgericht diese Rechtsprechung aufgegeben und festgestellt, dass das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG nur dann vorzeitig, mithin vor Ablauf der Stellungnahmefrist des Betriebsrats beendet ist, wenn der Arbeitgeber sich aufgrund besonderer Anhaltspunkte darauf verlassen darf, dass der Betriebsrats sich bis zum Ablauf der Stellungnahmefrist nicht (erneut) äußern werde. Im dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Betriebsrat einer vorgesehenen Kündigung widersprochen. Im Anschluss an diesen Widerspruch hatte der dortige Arbeitgeber – vor Ablauf der Stellungnahmefrist – die Kündigung ausgesprochen. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Kündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats als unwirksam beurteilt. Dies resultierte nach der Beurteilung des Bundesarbeitsgerichts daraus, dass der Arbeitgeber gehalten gewesen wäre, trotz des erfolgten Widerspruchs vor Ausspruch der Kündigung den Ablauf der Stellungnahmefrist abzuwarten. Dies begründet das Bundesarbeitsgericht damit, dass ohne besondere Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Betriebsrat bzw. der Betriebsratsvorsitzende eine bereits abgegebene Stellungnahme ergänzen bzw. weiter ausführen wird. Regelmäßig beendet eine Stellungnahme des Betriebsrats das Anhörungsverfahren nur dann, wenn der Betriebsrat explizit erklärt, dass er entweder keine Stellungnahme abgeben wird oder dass es sich bei seiner abgegebenen Stellungnahme um eine abschließende Erklärung handelt. Angesichts dieser Rechtsprechungsänderung empfehlen wir dringend, den Betriebsrat künftig mit der Betriebsratsanhörung aufzufordern, in seiner Stellungnahme auch zu erklären, ob diese abschließend ist. Sofern insoweit Anhörungsformulare verwendet werden, sollte stets im Hinblick auf die Stellungnahme des Betriebsrats folgender Satz aufgenommen werden: „Diese Mitteilung stellt die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats dar.“ Selbstverständlich stehen wir Ihnen für Rückfragen sowie zu Ihrer weiteren Beratung jederzeit gerne zur Verfügung. Für das Arbeitsrechtsteam der Anwaltskanzlei SHP, Dr. Robert Hartmann, Rechtsanwalt Kommentare sind geschlossen.
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