15. Ist der Vermieter verpflichtet dem Mieter eine Alternativwohnung anzubieten?
Eine Anbietpflichte des Vermieters besteht nur, wenn die Alternativwohnung bis spätestens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird, die Alternativwohnung mit der gekündigten vergleichbar ist und sie sich im selben Haus oder derselben Wohnanlage befindet, der Vermieter diese Alternativwohnung ohnehin erneut vermieten möchte und keine Umstände vorliegen, die die Neubegründung eines Mietverhältnisses mit dem Mieter als unzumutbar erscheinen lassen. 16. Kann der Vermieter frei entscheiden, welches von mehreren Mietverhältnissen er kündigt? Der Vermieter, der in einem Objekt mehrere Wohnungen vermietet die zur Deckung seines Bedarfs in Betracht kommen würden, kann frei entscheiden, welche dieser Wohnungen er auf Eigenbedarf kündigt. Eine Sozialauswahl, wie im Arbeitsrecht, findet hier nicht statt. Der Mieter ist in diesem Falle wiederum lediglich auf seinen Widerspruch gemäß § 574 BGB zu verweisen, in dem soziale Gründe geltend gemacht werden können, die zumindest einen zeitweisen Aufschub, allerdings nie einen endgültigen Räumungsaufschub, bewirken können. 17. Zulässigkeit einer Eigenbedarfskündigung, wenn beim Abschluss des Mietvertrags der Eigenbedarf vorhersehbar war? Bis zu einem Urteil des BGH im Jahr 2015 herrschte in den Instanzgerichten die Ansicht, dass bei Abschluss eines Mietvertrags eine Eigenbedarfskündigung innerhalb der darauffolgenden fünf Jahre unzulässig ist, wenn für den Vermieter bei Vertragsschluss bei verständiger Würdigung und umsichtiger Vorschau ein Anhaltspunkt für einen Eigenbedarf absehbar gewesen ist. Der BGH hat dieser Instanzrechtsprechung im Jahr 2015 nunmehr einen Riegel vorgeschoben und betont, dass Rechtsmissbrauch nicht bereits vorliegen würde, wenn der Vermieter im Rahmen einer Bedarfsvorschau hätte erkennen können, dass eine Eigenbedarfssituation in Zukunft (Fünfjahreszeitraum) bestehen könnte, sondern lediglich, wenn er konkret ein solches Vorgehen erwogen und somit ernsthaft in Betracht gezogen hat. Es dürfte jedoch für den Mieter schwer sein diese konkreten Vorstellungen eines Vermieters bei Vertragsschluss nachzuweisen. 18. Eigenebedarfskündigung auch dann, wenn der Bedarf erst in Zukunft eintritt? Auch in einem solchen Fall ist eine Eigenbedarfskündigung zulässig, wenn die Wahrscheinlichkeit des Eintrittes des Bedarfsfalles besteht und dessen voraussichtlicher Zeitpunkt bereits feststeht. Der Bedarf muss mit einiger Sicherheit in naher Zukunft eintreten. 19. Rechtsfolgen bei Wegfall des Eigenbedarfs nach Ausspruch der Kündigung Hier sind verschiedene Zeitpunkte des Wegfalls entscheidend. Wenn der Eigenbedarf entfällt, bevor die Kündigungserklärung dem Mieter zugeht, hat dies zur Folge, dass die Kündigung unwirksam ist. Sollte die Kündigung dem Mieter bereits zugegangen sein, die Kündigungsfrist jedoch noch nicht abgelaufen sein, bleibt die Kündigung wegen Eigenbedarfs zwar zunächst wirksam, wird aber wegen Rechtsmissbrauchs nachträglich unwirksam, wenn der Vermieter die Kündigung aufrecht hält, ohne den Mieter über den Wegfall des Kündigungsgrunde zu informieren und ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses anzubieten. Fällt der Eigenbedarf nach Ablauf der Kündigungsfrist fort, tangiert dies die Wirksamkeit der Kündigung nicht. Diese bleibt wirksam. Der Mieter hat auch dann auszuziehen. Der Vermieter muss den Mieter darüber hinaus nicht über den Wegfall des Eigenbedarfs nach Ablauf der Kündigungsfrist informieren. 20. Ist eine Eigenbedarfskündigung zulässig, wenn der Nutzungswunsch von vorne herein zeitlich begrenzt ist? Der Wunsch eines Vermieters, das Mietobjekt lediglich für eine begrenzte Zeit zu nutzen steht der Wirksamkeit oder der Zulässigkeit einer Eigenbedarfskündigung nicht zwangsläufig entgegen. Auch hier kommt es wieder auf den Einzelfall an. Wenn die Nutzung längerfristig, das heißt über mehrere Jahre geplant ist, ist eine Eigenbedarfskündigung in jedem Fall zulässig. Sollte die Nutzungsdauer lediglich wenige Monate betragen, dann dürfte generell ein berechtigtes nachvollziehbares Nutzungsinteresse nicht gegeben sein, es sei denn der Vermieter kann ein solches belegen, insbesondere dass er bzw. ein Begünstigter aus anerkannter Gründen die jetzige Wohnung verlassen muss. 21. Eigenbedarfskündigung bei befristetem Mietvertrag? Eine Eigenbedarfskündigung bei befristeten Mietverträgen ist nicht möglich. Diese Mietverhältnisse enden durch Zeitablauf oder durch außerordentliche fristlose Kündigung. Bei der Eigenbedarfskündigung handelt es sich jedoch um eine ordentliche Kündigung im Sinne des § 573 BGB. 22. Eigenbedarfskündigung nach Begründung von Wohnungseigentum an bereits vermieteter Wohnung? Für den Fall, dass eine Wohnung vermietet ist und erst nach Vermietung an dieser Wohnung neu Wohnungseigentum entsteht (das Objekt hatte vorher nur einen Eigentümer und wird in verschiedene, einzeln zu verkaufende Einheiten aufgespalten), bestimmt § 577 a Abs. 1 BGB für den Erwerber eine befristete Kündigungsbeschränkung. Der Neuerwerber, der das Eigentum an der Wohnung in bereits vermietetem Zustand erwirbt darf für die Dauer von drei Jahren seit Erwerb das Mietverhältnis nicht wegen Eigenbedarfs kündigen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass durch Rechtsverordnungen der Länder für bestimmte Wohngebiete die Kündigungssperrfrist von drei Jahren auf 10 Jahre angehoben werden kann. Im abschließenden 4. Teil unseres Mandantenrundschreibens beantworten wir weitere Fragen zum Thema Eigenbedarfskündigung. Bei Rückfragen kontaktieren Sie mich bitte. Alexis Gossweiler Rechtsanwalt Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Kommentare sind geschlossen.
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