Sehr geehrte Damen und Herren,
letzte Woche haben wir Sie bereits über einige Fallstricke bei der Eigenbedarfskündigung informiert. Nachfolgend erhalten Sie Teil 2 unseres Mandantenrundschreibens zum Thema „Fragen und Antworten zur Eigenbedarfskündigung“. 6. Findet eine Abwägung zwischen den Interessen von Mieter und Vermieter statt? Eine Interessensabwägung findet nicht statt. Bei Vorliegen eines vernünftigen und nachvollziehbaren Nutzungswillens und im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Artikel 14 GG ist dieser maßgeblich. Entgegenstehende Belange des Mieters sind hier im Ergebnis nicht von Relevanz. Dem Mieter bleibt lediglich Widerspruch gem. § 574 BGB aus sozialen Gründen einzulegen, was jedoch in aller Regel nicht dazu führt, dass der Mieter dauerhaft in der Wohnung des Vermieters verbleiben kann. 7. Gibt es Fälle, in denen der Vermieter keinen nachvollziehbaren Nutzungswillen darlegen muss? Ohne eine Begründung bzw. der Darlegung eines nachvollziehbaren Nutzungswillens kann der Vermieter gem. § 573 a Abs. 1 BGB kündigen, wenn sich die vom Mieter bewohnte Wohnung im gleichen Haus, wie die vom Vermieter bewohnte Wohnung befindet und das Gebäude nicht mehr als zwei Wohnungen hat (Zwei-Familien-Haus). Selbiges gilt, wenn die Wohnung des Mieters Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist, wie dies bei einer WG der Fall sein kann. 8. Ist der nachvollziehbare Nutzungszweck inhaltlich begrenzt? Der Vermieter muss beabsichtigen die Wohnung zu Wohnzwecken zu nutzen. Eine Eigenbedarfskündigung wegen einer geplanten gewerblichen Nutzung der Räumlichkeiten ist daher nicht möglich. Möglich ist allenfalls eine gewerbliche Nutzung eines nur untergeordneten Teils der Wohnung, wenn der Rest der Wohnung zu Wohnzwecken genutzt wird. 9. Ist eine Eigenbedarfskündigung möglich, wenn der Vermieter nur Teile der Wohnung benötigt? Eine Eigenbedarfskündigung ist nur zulässig, wenn sich der Nutzungswille des Vermieters auf die gesamte Wohnung bezieht. 10. Ist eine Eigenbedarfskündigung auch zulässig, wenn der Vermieter die Wohnung nur als Zweitwohnung nutzen möchte? Eine Eigenbedarfskündigung ist auch in dem Fall nicht ausgeschlossen, in dem der Vermieter die Wohnung lediglich als Zweitwohnung nutzen möchte. In diesem Fall sind jedoch an den vernünftigen und nachvollziehbaren Nutzungswillen, den der Vermieter beweisen muss, besonders hohe Anforderungen zu stellen. Entscheidend sind hier jeweils die Umstände des Einzelfalls. 11. Welche Konsequenzen hat ein vorgetäuschter Eigenbedarf? Wenn der Vermieter den Eigenbedarf nur vortäuscht, so ist die Kündigung unwirksam, weil kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 BGB vorliegt. Das Mietverhältnis ist daher mangels wirksamer Kündigung nicht beendet. Wenn der Mieter die Täuschung noch vor seinem Auszug erkennt, ist er nicht verpflichtet auszuziehen. Sollte der Mieter bereits ausgezogen sein, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes gem. § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB. In vielen Fällen ist die Erfüllung dieses Anspruches dem Vermieter jedoch unmöglich, entweder weil er die Wohnung weitervermietet oder weil er diese bereits veräußert hat. Konsequenz ist unter Umständen eine Schadensersatzpflicht des Vermieters gegenüber dem Mieter. Der Mieter kann in diesem Fall alle Kosten ersetzt verlangen, die ihm durch die unwirksame Kündigung entstanden sind. Neben Rechtsanwaltskosten sind hierbei in aller Regel Umzugskosten und Maklerkosten zu nennen, sowie Mehrkosten im Hinblick auf die Anmietung einer neuen Wohnung. Hierbei ist insbesondere anzumerken, dass bei höherer Miete der neuen Wohnung die Differenz zum Mietpreis der alten Wohnung u. U. über einen Zeitraum von 3 ½ Jahren als Schaden geltend gemacht werden kann! 12. Entfällt das Recht zur Eigenbedarfskündigung, wenn der Vermieter seinen Bedarf selbst herbeigeführt hat? Auch in diesem Fall entfällt das Recht zum Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung nicht, maßgeblich ist auch hier lediglich der vernünftige und nachvollziehbare Nutzungswille. 13. Spielt die Größe der gekündigten Wohnung und die Größe der bisherigen Wohnung der Bedarfsperson eine Rolle? Grundsätzlich spielt die Größe der bisherigen Wohnung des Vermieters bzw. desjenigen der in die Wohnung einziehen soll keine Rolle. Den Gerichten ist es verwehrt über die Angemessenheit der Wohnungsgröße zu urteilen und dieses Urteil an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters zu setzen. Eine Grenze ist dort zu ziehen, wo Rechtsmissbräuchlichkeit angenommen werden kann. Dies ist allerdings nicht schon bei überhöhtem Wohnbedarf der Fall sondern nach der Rechtsprechung des BGH erst bei weit überhöhtem Wohnbedarf. Auch dies ist wiederum eine Frage des Einzelfalls. 14. Entfällt das Recht zur Eigenbedarfskündigung, wenn dem Vermieter eine weitere freie Alternativwohnung zur Verfügung steht? Das Recht zur Eigenbedarfskündigung entfällt in diesem Fall wegen Rechtsmissbrauchs nur, wenn statt der gekündigten Wohnung dem Vermieter eine Alternativwohnung zur Verfügung steht, die bereits freisteht oder bezüglich der feststeht, dass sie alsbald frei wird, weil der Mieter freiwillig auszieht, der Vermieter über einen rechtskräftigen Räumungstitel für die Wohnung verfügt oder die sichere Aussicht besteht, dass er einen solchen Titel bekommt und wenn der vom Vermieter bestimmte Wohnbedarf in dem Alternativobjekt ohne wesentliche Abstriche befriedigt werden kann. In Teil 3 unseres Mandantenrundschreiben erhalten Sie weitere Antworten auf Fragen zur Eigenbedarfskündigung. Bei Rückfragen kontaktieren Sie mich bitte. Mit freundlichen Grüßen Alexis Gossweiler Rechtsanwalt Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Kommentare sind geschlossen.
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