Regelmäßig berate ich Mandanten, die zuvor eine Eigenbedarfskündigung gegenüber ihren Mietern ausgesprochen haben und sich dann erheblichem Gegenwind der Mieter ausgesetzt sehen. Der ganz überwiegende Teil aller Vermieterkündigungen erfolgt wegen Eigenbedarfs. Trotz der großen Bedeutung, die die Eigenbedarfskündigung in der Praxis hat, erwähnt das Gesetz diese lediglich mit einem einzigen Satz. Gravierend an dieser Situation ist vor allem, dass es bei dem Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung auf viele Punkte ankommt, die bei Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung führen. Ein Mieter ist nicht verpflichtet seinen Vermieter auf Mängel der Kündigung aufmerksam zu machen. Wenn ich Mieter im Rahmen einer Eigenbedarfskündigung vertrete, führe ich die Gründe, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen, regelmäßig erst im Räumungsrechtsstreit an. Bis dahin sind aufgrund der gesetzlichen Kündigungsfristen bereits drei – neun Monate (bei alten Mietverträgen teilweise sogar zwölf Monate) verstrichen. Eine unwirksame Eigenbedarfskündigung ist auch nicht „heilbar“, mit der Konsequenz, dass der Vermieter zwar eine neue Eigenbedarfskündigung aussprechen kann, die Kündigungsfristen allerdings erneut zu laufen beginnen. Darüber hinaus hat der Vermieter die Kosten des verlorenen Räumungsprozesses zu tragen.
Ein Beispiel: Die Mieter wohnen seit neun Jahren in der Wohnung. Die Kaltmiete beträgt EUR 800,00. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt in diesem Fall 9 Monate. Erkennt der Mieter die Unwirksamkeit der Kündigung, behält dies allerdings für sich und lässt sich verklagen sind bereits mindestens neun Monate vergangen. Hinzu kommen durchschnittlich mindestens weitere 4 Monate Räumungsrechtstreit. Ist die Kündigung unwirksam und die Parteien vergleichen sich nicht, verliert der Vermieter den Prozess. Der Vermieter kann zwar erneut kündigen, allerdings fängt die neunmonatige Kündigungsfrist erneut an zu laufen, so dass im vorliegenden Beispiel aus den ursprünglichen 9 Monaten Kündigungsfrist schnell 22 Monate werden, bis der Vermieter seine Wohnung in Besitz nehmen kann. Hinzu kommen die Kosten des Rechtsstreites. Bei einer monatlichen Kaltmiete von EUR 800,00 sind dies EUR 4.090,70. Dies vorausgeschickt möchte ich Ihnen mit diesem und den nächsten Mandantenrundschreiben im Mietrecht die wichtigsten Fragen rund um eine Eigenbedarfskündigung näher bringen. Dies spart Ihnen im Zweifelsfalle nicht nur Geld, sondern auch Zeit. 1. Kann jeder Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen? Nein! Eigenbedarf wird in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB als das Interesse des Vermieters beschrieben, die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushaltes zu nutzen. Ein solches Interesse können nur natürliche Personen haben. Nur diese können „wohnen“ oder „Familien- und Haushaltsangehörige“ haben. Juristische Personen, wie zum Beispiel eine GmbH, können keine Kündigung wegen Eigenbedarfs aussprechen. Dies gilt auch dann, wenn sie den Wohnraum für ihre Gesellschafter, gesetzliche Vertreter oder einen Angestellten benötigen. Zu differenzieren ist allerdings bei Personengesellschaften, wie beispielsweise der GbR, hier ist unter Umständen eine Eigenbedarfskündigung möglich. 2. Muss der Eigenbedarf im Falle einer Vermietermehrheit für jeden Vermieter bestehen? Nein, wenn mehrere natürliche Personen gemeinsam Vermieter sind, reicht es aus, wenn der Eigenbedarf für einen von ihnen besteht. Aber: Die Kündigung muss von allen Vermietern ausgesprochen werden. 3. Zu wessen Gunsten kann der Eigenbedarf geltend gemacht werden? Gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann Eigenbedarf für Familien- und Haushaltsangehörige geltend gemacht werden. Dies ist allerdings relativ unbestimmt. Die Rechtsprechung differenziert diesbezüglich zwischen Personen, die allein im Hinblick auf ihre nahen familiären bzw. nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zum Vermieter ohne weitere Prüfung zum begünstigten Personenkreis gehören, und entfernt verwandten oder verschwägerten Personen, für die ein Eigenbedarf lediglich dann geltend gemacht werden kann, wenn diese im Einzelfall eine nachweisbare enge soziale Bindung zum Vermieter haben. 4. Ist für die Annahme von Eigenbedarf notwendig, dass sich der Begünstigte in einer Notlage befindet? Eine Notlage des Begünstigten, für den der Eigenbedarf geltend gemacht wird, ist nicht notwendig. Notwendig ist allerdings, dass ein vernünftiges, nachvollziehbares Nutzungsinteresse des Begünstigten vorliegt. 5. Wann liegt ein vernünftiges, nachvollziehbares Nutzungsinteresse vor? Im Hinblick auf das durch Artikel 14 Grundgesetz (GG) geschützte Eigentumsrecht des Vermieters sind die Anforderungen an ein nachvollziehbares Nutzungsinteresse seitens der Rechtsprechung in den letzten Jahren recht weit heruntergeschraubt worden. Beispielsweise genügt der Wunsch eines Erwerbers in den eigenen vier Wänden wohnen zu wollen. In den folgenden Mandantenrundschreiben informiere ich Sie über weitere relevante Problemkreise rund um die Eigenbedarfskündigung. Bei Rückfragen kontaktieren Sie mich bitte. Mit freundlichen Grüßen Alexis Gossweiler Rechtsanwalt Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Kommentare sind geschlossen.
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