18/3/2020 Das Coronavirus und die KurzarbeitIm Zuge der momentan umfassenden Probleme mit dem Auftreten des neuartigen Coronavirus hat die Bundesregierung beschlossen, die Möglichkeit der Einführung von Kurzarbeit zu erleichtern. Zunächst wurde das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld am 14.03.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Damit ist das Gesetz seit Sonntag in Kraft.
Das Gesetz ermöglicht der Bundesregierung durch Rechtsverordnung zur Bewältigung außergewöhnlicher Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt, wie sie zum Beispiel auch im Zusammenhang mit einer Pandemie auftreten können, kurzfristig Sonderregelungen einzuführen. 1. Konkret sind folgende Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld geplant: Der Anteil der im Betrieb Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, soll auf bis zu 10 % abgesenkt werden können. Das geltende Recht sieht (noch) vor, dass mindestens ein Drittel der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein muss. Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden als Voraussetzung zur Auszahlung des Kurzarbeitergelds soll vollständig oder teilweise verzichtet werden (Ausnahme von § 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 SGB III). Das geltende Recht verlangt damit noch, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt und ins Minus gefahren werden. Dem Arbeitgeber sollen die Sozialversicherungsbeiträge vollständig oder teilweise erstattet werden können. Die entsprechende Verordnung wird derzeit nach Auskunft der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände im Umlaufverfahren entworfen. Es ist davon auszugehen, dass eine zeitnahe Umsetzung erfolgt. Sobald wir Näheres wissen, werden wir Sie selbstverständlich wieder informieren. 2. Erlauben Sie uns an dieser Stelle noch folgende allgemeine Hinweise zur Einführung von Kurzarbeit: a) Rechtsgrundlage - Leider ist immer wieder der Irrglaube zu hören, dass dann, wenn die Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeitergeld bewilligt, Kurzarbeit rechtswirksam angeordnet werden kann. Dies ist nicht der Fall. Die Möglichkeit, Kurzarbeit anordnen zu können bedarf einer gesonderten Rechtsgrundlage. Diese Rechtsgrundlage kann bei Bestehen eines Betriebsrats durch den Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung geschaffen werden. Besteht kein Betriebsrat muss die Einführung von Kurzarbeit mit den jeweils betroffenen Arbeitnehmern individuell vereinbart werden. Weigern sich die Arbeitnehmer, eine derartige Vereinbarung zu treffen, bleibt dann nur noch der Ausspruch einer sogenannten Änderungskündigung. Die Erfolgsaussichten des Arbeitgebers in einem Kündigungsschutzprozess zu obsiegen, dürften allerdings nicht allzu hoch sein. Am Besten wäre es deshalb, wenn in die individuellen Arbeitsverträge der Mitarbeiter eine Klausel aufgenommen wird, dass die Mitarbeiter bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld angewiesen werden können, „kurz“ zu arbeiten. b) Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats - Bei der Einführung von Kurzarbeit sind zwingende Mitbestimmungsrechte eines etwaig vorhandenen Betriebsrats zu beachten. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Ziffer 2, 3 BetrVG über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen, die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage und die vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen. Diese Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats werden durch die Einführung von Kurzarbeit tangiert. Bei Existenz eines Betriebsrats ist es deshalb zwingend geboten, mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung über die Kurzarbeit zu treffen. In dieser muss mindestens enthalten sein, welche Arbeitnehmer die Kurzarbeit betrifft, wann sie beginnt, wann sie voraussichtlich endet und in welchem Umfang die Arbeitszeit der betroffenen Arbeitnehmer reduziert wird. Ohne diese „Pflichtangaben“ kann eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat nicht als Rechtsgrundlage zur Absenkung der Arbeitszeit bei Kurzarbeit herangezogen werden. 3. Resümee Der Gesetzgeber hat schnell auf die Coronapandemie reagiert. Dies ist absolut begrüßenswert. Allerdings sind, wie eben beschrieben, noch weitere „Fallstricke“ zu beachten. Existiert keine Rechtsgrundlage, Arbeitnehmer in Kurzarbeit zu „schicken“, kann der Arbeitnehmer, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld eventuell vorliegen, die Kurzarbeit verweigern, seine Arbeitskraft vollumfänglich anbieten und den gesamten Lohn beanspruchen. Es ist daher dringend geboten, mit den Arbeitnehmern und/oder dem Betriebsrat eine rechtssichere Regelung zu vereinbaren. Für weitere Auskünfte stehen wir gerne zur Verfügung. Dieter Schenk Rechtsanwalt Kommentare sind geschlossen.
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