30/3/2020 Corona-Pandemie und DatenschutzWie Ihnen bekannt ist, gelten im Arbeitsverhältnis strenge datenschutzrechtliche Anforderungen, was Fragen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer betrifft. Im Rahmen der derzeitigen Corona-Pandemie taucht immer wieder die Frage auf, welche Fragen zum Gesundheitszustand gestellt werden dürfen.
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Baden-Württemberg hat hierzu erklärt, dass „Fragen des Datenschutzes aktuell sicherlich nicht im Zentrum stehen, aber auch in Notsituationen in die Überlegungen einzubeziehen sind und letztendlich die Bewältigung der Krise, vor der wir stehen, erleichtern.“ Wir informieren Sie nachfolgend über einige der in diesem Zusammenhang auftretenden Fragen, wie sie vom Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Baden-Württemberg zusammengestellt wurden und auf der Website https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de zu finden sind: Dürfen Arbeitgeber aktuelle private Handynummern oder andere Kontaktdaten von der Belegschaft erheben, um die Beschäftigten im Falle einer Schließung des Betriebs oder in ähnlichen Fällen kurzfristig warnen oder auffordern zu können, zu Hause zu bleiben? Damit die Beschäftigten auch kurzfristig gewarnt werden können und nicht zunächst im Betrieb oder bei der Arbeit erscheinen, dürfen Arbeitgeber von ihren Beschäftigten auch die aktuelle private Handynummer etc. abfragen und temporär speichern. Dies kann allerdings nur im Einverständnis mit dem Beschäftigten erfolgen; eine Pflicht zur Offenlegung privater Kontaktdaten besteht für die Beschäftigten nicht, wird jedoch regelmäßig in ihrem eigenen Interesse liegen. Entscheidend ist hierbei, dass die Erhebung der privaten Kontaktdaten für eindeutige, konkrete und legitime Zwecke erfolgt. In Betracht kommt insbesondere der Zweck, die Infektionsgefährdung der Beschäftigten zu verringern. Spätestens nach Ende der Pandemie sind die erhobenen Kontaktdaten vom Arbeitgeber wieder zu löschen. Es wäre datenschutzrechtlich nicht zulässig, wenn diese Daten „durch die Hintertür“ später für Kontaktaufnahmen nach Feierabend oder am Wochenende oder für andere Zwecke genutzt werden. Dürfen Arbeitgeber Informationen darüber erheben und weiterverarbeiten, ob ein Beschäftigter in einem Risikogebiet war oder mit einem Erkrankten direkten Kontakt hatte etc.? Arbeitgeber sind auf Grund ihrer Fürsorgepflicht und nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die betriebliche Sicherheit und Gesundheit der Belegschaft zu gewährleisten. Hiervon ist auch die Pflicht des Arbeitgebers umfasst, dafür zu sorgen, die anderen Beschäftigten vor einer Infektion durch eine erkrankte Person zu schützen. Für diesen Zweck ist es datenschutzrechtlich zulässig, Informationen darüber zu erheben, zu welchen Personen der erkrankte Mitarbeiter Kontakt hatte. Gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) i.V.m. Artikel 9 Absatz 1, Absatz 4 DSGVO und § 26 Absatz 3 Satz 1, § 22 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) kann der Arbeitgeber die erforderlichen Daten zum Zweck der arbeitsmedizinischen Vorsorge verarbeiten. Der Arbeitgeber darf demnach beispielsweise auch Urlaubsrückkehrer befragen, ob sie sich in einem, etwa durch das Robert Koch-Institut festgelegten Risikogebiet, aufgehalten haben. Eine Negativauskunft des Beschäftigten genügt regelmäßig. Liegen weitere Anhaltspunkte vor, kann gegebenenfalls eine weitere Nachfrage erfolgen. Dürfen Arbeitgeber den Beschäftigten mitteilen, dass ein bestimmter Mitarbeiter am Virus erkrankt ist, sogar unter Nennung des konkreten Namens, um darauf aufbauend mögliche Kontaktpersonen freizustellen? Die Kenntnis von der Corona-Erkrankung eines Mitarbeiters kann für diesen zu einer enormen Stigmatisierung führen. Die Nennung des Namens des betroffenen Mitarbeiters ist daher grundsätzlich zu vermeiden. Gleichzeitig sind Mitarbeiter, welche in direktem Kontakt mit einem Infizierten waren, zu warnen und werden in der Regel selbst zur Eindämmung der Ansteckungsgefahr von der Arbeit freigestellt. Regelmäßig kann eine derartige Maßnahme abteilungs-/ bzw. teambezogen ohne konkrete Namensnennung erfolgen. Ist dies ausnahmsweise nicht ausreichend, so muss der Arbeitgeber Kontakt mit den Gesundheitsbehörden aufnehmen und um deren Entscheidung ersuchen. Ist auch dies nicht möglich, dürfen auch die übrigen Mitarbeiter über den Verdacht der Ansteckung oder der Erkrankung des konkreten Mitarbeiters informiert werden, um Infektionsquellen zu lokalisieren und einzudämmen. Dürfen Arbeitgeber nach Aufforderung durch Gesundheitsbehörden Daten über erkrankte Beschäftigte, über Beschäftigte mit Aufenthalt in Risikogebieten oder Kontakte zu Infizierten an die Behörden übermitteln? Behördliche Maßnahmen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie können, je nach der spezifischen Regelung der Länder, meist durch die jeweilige Ortspolizeibehörde oder das zuständige Gesundheitsamt erlassen werden. Besonders bedeutsam mit Blick auf den betrieblichen Pandemieschutz sind die Vorschriften der §§ 30, 31 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), welche die Quarantäneanordnung und das berufliche Tätigkeitsverbot durch das Gesundheitsamt regeln, sowie die Generalklauseln in § 16 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 3 IfSG. Die Rechtsgrundlage hängt von der konkreten behördlichen Anfrage ab, welche dort erfragt werden kann. Bei Ersuchen von zuständigen Hoheitsträgern, etwa bzgl. erkrankter Beschäftigter im Betrieb, ist von einer mit der Übermittlungspflicht korrespondierenden Übermittlungsbefugnis der Arbeitgeber auszugehen. Falls noch nicht erfolgt, empfehlen wir Ihnen, Ihre Mitarbeiter auf die aktuellen Vorsichtsmaßnahmen hinzuweisen:
Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Jürgen Beneke Rechtsanwalt Datenschutzbeauftragter der Anwaltskanzlei SHP Kommentare sind geschlossen.
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